Bilanz zum Welttierschutztag: Tierquäler jubeln - Staat lässt Tiere weiter im Stich

Tierschutzorganisation PFOTENHILFE zum 4. Oktober: Das Unrecht, das Tieren täglich angetan wird, schreit zum Himmel

Marschik Gerhard

 "Tiere sind keine Sachen; sie werden durch besondere Gesetze geschützt", so das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch im §285a. Klingt auf den ersten Blick gut, wenn da nicht noch folgender Satz stünde: "Die für Sachen geltenden Vorschriften sind auf Tiere nur insoweit anzuwenden, als keine abweichenden Regelungen bestehen." Letzteres trifft leider in den meisten Fällen zu, wenn Tiere für den Profit herhalten müssen. Seit über 9 Jahren ist der Tierschutz auch als Staatsziel in der Verfassung festgeschrieben, wörtlich: "Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zum Tierschutz." In der Praxis hat dies jedoch beschämend geringe Auswirkungen. Unser Bundestierschutzgesetz ist aufgrund ausufernder Ausnahmeregelungen durch wirtschaftlichen Druck völlig zahnlos.

"Das Unrecht, das so genannten Nutztieren täglich widerfährt, schreit zum Himmel. Aber auch bei der Heimtierhaltung glaubt man, dass man sich in einem Entwicklungsland befindet. Die Bestimmungen zur Hundehaltung etwa sind völlig unzureichend", prangert PFOTENHILFE-Sprecher Jürgen Stadler an. "Außer Kettenhaltung ist so gut wie alles erlaubt, was einem Hund das Leben zur Hölle macht." Und selbst die Einhaltung dieser beschämenden Vorschriften wird nicht routinemäßig kontrolliert, da es keine Kontrollverordnung für private Tierhaltungen gibt. Für Betriebe sind nur 50-jährige Kontrollintervalle vorgesehen! Und so sind die Veterinärbehörden auf Anzeigen gesetzwidriger Haltungen durch das Umfeld angewiesen, was naturgemäß schwierig ist. "Denn wer zeigt schon gern seine Nachbarn, Bekannten oder Verwandten an. Das passiert meist erst, wenn es schon (fast) zu spät ist, die Zustände für die Tiere unerträglich sind und ein Wegschauen nicht mehr möglich ist - und selbst dann oft nur anonym", so Stadler. "Dass wir überhaupt ein Gesetz brauchen, das die anderen Tiere vor uns Menschen schützt, ist schon ein Armutszeugnis. Aber wenn die Politik bei der Ethik versagt, müssen wir alle selbst Verantwortung für unsere Handlungen übernehmen, sonst passiert gar nichts. Deshalb appellieren wir an alle Menschen, die Augen offen zu halten und bei Verdacht zumindest bei uns nachzufragen, ob das Beobachtete legal ist." Dies geht auch anonym über das Kontaktformular auf www.pfotenhilfe.at. Ohne diese vielen Meldungen aufmerksamer Tierfreunde wären sehr viele Opfer von Haltungsmissständen bis hin zu schwerer Tierquälerei bis heute unentdeckt geblieben.

"Die Dunkelziffer muss allerdings riesig sein", befürchtet Stadler, "denn bei den meisten Fällen würde man beim Vorbeifahren niemals vermuten, dass hinter den verschlossenen Türen Tiere leiden müssen. Die Tierschutzgesetzgebung hinkt dem Tierschutzbewusstsein in der Bevölkerung von Jahr zu Jahr immer weiter hinterher. Österreichs Bundestierschutzgesetz ist jetzt bald 18 Jahre alt und bedarf längst einer grundlegenden Überarbeitung. Und ohne einem dichten Kontrollnetz und abschreckenden Strafen wird es nicht funktionieren. Dazu braucht es aber eine ambitionierte Regierung, die bei tierquälerischen Haltungsformen nicht wegschaut oder Übergangsfristen von fast 20 Jahren(!) für Verbote einräumt, während denen sogar Neubauten weiterhin erlaubt sind."

Veröffentlicht am 03. Oktober 2022